Ehe/Familie, Scheidung, Erben/Vererben

Testament unter dem Vorbehalt der Pflege, des Kümmerns oder Beistehens

Immer wieder haben sich Gerichte mit Formulierungen in eigenhändig verfassten Testamenten zu beschäftigen, die nicht hinreichend genug bestimmt sind. Die Folge solcher unbestimmten Formulierungen ist, dass die testamentarische Bestimmung des Erben durch den Erblasser nicht wirksam ist und damit jene gesetzliche Erbfolge wieder greift, die mit dem Testament gerade vermieden werden sollte.

„Wer mir in den letzten Stunden beisteht, dem übergebe ich alles“ ist eine ebenso unzureichende und damit unwirksame Bestimmung eines Erblassers wie die Formulierung „wer mich pflegt, erbt alles.“

Formulierung: „Wer mir in den letzten Stunden beisteht, dem übergebe ich alles“

Problematisch an dieser Formulierung ist, dass der Erblasser die Bestimmung der Person, die aufgrund des Beistehens in den letzten Stunden erben soll, einem anderen überlässt. Der Erblasser nennt nämlich gerade keine Erben, sondern legt für die Erbenbestimmung nur das auslösende Ereignis (Beistehen in den letzten Stunden) fest.

Wer dem Erblasser in seinen letzten Stunden beisteht ist jedoch noch völlig ungewiss – es kann ein einzelner sein, aber auch eine Vielzahl an Erbinteressierten.

Als nächstes Problem ist gerade bei mehreren „Beistehenden“ der Streit um den Zeitfaktor der „letzten Stunden“ vorprogrammiert. Denn auch diese Formulierung lässt zu viel Interpretationsspielraum und lässt nicht den Willen des Erblassers erkennen, ob er mit seinen letzten Stunden nun 2 Stunden meint oder gar 6 Stunden.

Darüber hinaus eröffnet das Wort „Beistehen“ ebenfalls einen großen Auslegungsspielraum, wie z.B. ob mit dem Beistehen nur der seelischer Beistand gemeint ist oder der Beistand bei der häuslichen Pflege oder nur Körperpflege oder doch eher ein Beistand in all diesen Lebenslagen?

Was meint also der Erblasser und vor allem mit welcher Intensität und unter welchem Zeitfaktor ist das Beistehen im welchem Zeitrahmen vor dem Ableben erforderlich?

Damit hängt die Frage, ob jemand dem Erblasser so beigestanden hat, wie dieser es erwartet hätte, davon ab, was der Dritte, der die Auswahl des Bedachten zu treffen hätte, unter diesen Begriffen versteht. Der Dritte würde also sein Ermessen an die Stelle des Ermessens des Erblassers setzen. Das aber verstößt gegen das Gebot der höchstpersönlichen Errichung (sog. Drittbestimmungsverbot des § 2065 Abs. 2 BGB)

Die Auswahlkriterien muss der Erblasser in seiner letztwilligen Verfügung so klar bestimmen, dass ein Dritter den Bedachten bezeichnen kann, ohne dass sein Ermessen auch nur mitbestimmend wäre.

Quelle: OLG Köln Beschluss vom09.07.2014, Az.: I-2 Wx 188/14

Formulierung: „Wer sich um mich kümmert/ mich pflegt, soll mein Erbe sein“

Auch das Testament mit dieser Form derunbestimmten Erbeinsetzung ist unwirksam, weil der Erblasser auf diese Weise ebenfalls die Bestimmung der Person, die aufgrund der Pflege/ des Kümmerns erben soll, einem anderen überlässt und damit gegen das Gebot der höchstpersönlichen Errichtung verstößt, Oberlandesgericht München, Beschluss v. 22.05.2013, 31 Wx 55/13.

Aber selbst, wenn derPersonenkreis bestimmt bzw. bestimmbar ist, kann eine solche Formulierung inTestamenten auch hier zu Problemen führen, wie:

Problem: was meint der Erblasser mit Kümmern oder pflegen
Problem: es lässt sich nicht feststellen, ob jemand die Bedingung erfüllt hat.

Dem Erblasser kann zur Vermeidung von Streitigkeiten daher nur empfohlen werden sich vor dem Verfassen seines letzten Willens rechtlich beraten zu lassen.

Aufgrund eines solchen Testaments „enterbte“ Erben sollten hingegen die rechtliche Beratung suchen, um ggfs. die Wirksamkeit des Testaments anzugreifen.

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