
Risiko – Musterformular „Vorsorgevollmacht“
Eine Vorsorgevollmacht soll erteilt werden. Um Kosten zu sparen, wurde ein Musterformular aus einer Broschüre eines grossen Verlagshauses verwendet. Da die Vorsorgevollmacht auch Rechte über Grundstücke beinhaltete, wurde das durch Ankreuzen ausgefüllte Formular noch notariell beglaubigt.
Was dem Musterformular fehlte, waren individuelle Regelungen.
Musterformulare sind in der Regel so zugeschnitten, dass die Regelungen im Umfang denen eines gesetzlichen Betreuers entsprechen.
So war es auch in dem Streitfall. Die Vorsorgevollmacht umfasste lediglich allgemeine Regelungen zur Vermeidung einer vom Gericht angeordneten Betreuung – also durch Ankreuzen der einzelnen Punkte allgemeine Regelungen zur Gesundheitssorge/Pflegebedürftigkeit, sowie dem Aufenthaltsbestimmungsrecht und der Vermögenssorge. Die in den Musterformularen häufig anzutreffenden Räume für individuellen Ergänzungen blieben unausgefüllt.
Am Ende wurde um den Geltungsbereich der Vorsorgevollmacht gestritten – nämlich, ob diese auch über den Tod hinaus gelten soll - und verloren.
In der Einleitung des Musterformulars hieß es:
„Durch diese Vollmachtserteilung soll eine vom Gericht angeordnete Betreuung vermieden werden. Die Vollmacht bleibt daher in Kraft, wenn ich nach ihrer Errichtung geschäftsunfähig geworden sein sollte.“
Die Vollmacht sagte nichts darüber aus, ob sie mit dem Tod des Vollmachtgebers endet.
In dem verwendeten Musterformular fand sich zwar ausdrücklich eine Regelung zur Fortdauer für den Fall der Geschäftsunfähigkeit, aber gerade keine Regelung hinsichtlich der Fortdauer über den Tod hinaus.
Ist die Vollmacht ihrem Inhalt nach nicht eindeutig, so muss diese ausgelegt werden. Führt die Auslegung zu keinem eindeutigen Ergebnis, so gilt der Grundsatz, dass der geringere Umfang der Vollmacht anzunehmen ist, wenn sich der größere nicht nachweisen lässt.
Anknüpfungspunkt ist hier, ob erkennbar ist, dass der geregelte Umfang über jenen eines Betreuers hinausgehen soll. Ist das nicht der Fall, so gilt entsprechend dem Umfang der Vertretungsmacht eines vom Gericht bestellten Betreuers, dass die Vollmacht mit dem Tod des Vollmachtgebers erlischt - sie gilt also nicht über den Tod hinaus.
Eine vorsorgende, individuelle Rechtsgestaltung schafft Klarheit und vermeidet Konflikte.
Ebenfalls fragwürdig sind die beliebten "Ankreuzfelder" in den vielen Musterformularen, die keinerlei Individualität erkennen lassen und sich auch leicht ergänzen lassen, wenn mal ein "Häkchen" nicht gewollt war...
Quelle: Beschluss des Oberlandesgericht München vom 07.07.2014, Az.: 34 Wx 265/14