Führerscheinentzug wegen Drogenkonsums kann unzulässig sein
Führerscheinentzug wegen Drogenkonsums kann unzulässig sein
Das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt hat in einem Beschluss vom 14.6.13 (A.Z.: 3 M 68/13) entschieden, dass einem Führerscheininhaber, selbst wenn er in der Vergangenheit unter dem Einfluss von Drogen eine Autofahrt unternommen hatte, nicht ohne weiteres die Fahrerlaubnis entzogen werden darf. Vielmehr ist eine Entziehung der Fahrerlaubnis durch die Führerscheinstelle (Verwaltungsbehörde) dann nicht mehr möglich, wenn von dem Betroffenen eine langfristige Drogenabstinenz auch nur schlüssig behauptet wird.
Der Betroffene war im Jahre 2009 wegen einer Fahrt unter Drogen (§ 24a StVG) auffällig geworden. Und zwar stand er sogar unter einer sog. "harten" Droge i.S.v. Ziff. 9.1 der Anlage 4 zur FeV, nämlich (neben Cannabis) unter Amphetaminen.
In diesen Fällen ist folgender Ablauf typisch. Zunächst geht das Bußgeldverfahren glimpflich aus. Das "Dicke Ende" in Form der Entziehung der Fahrerlaubnis kommt erst viel später. Grundlage hierfür ist § 3 I StVG i.V.m. § 46 I FeV (Fahrerlaubnisverordnung). Kernpunkt ist auch hier die Frage, ob sich jemand als "ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen" erwiesen hat. Ist dies der Fall, so hat die Behörde den Führerschein zu entziehen, und zwar ohne dass sie hier einen Entscheidungsspielraum hat.
Diese "Ungeeignetheit" muss die Fahrerlaubnisbehörde feststellen. Hier hatte die Behörde es sich sehr einfach gemacht und die Entziehung schlicht auf die Drogenfahrt im Jahre 2009 (also dreieinhalb Jahre davor) gestützt. Dies ist NICHT zulässig, hat das Gericht der Behörde nun ins Buch geschrieben. Denn wenn der Betroffene widerspruchsfrei behaupten kann, dass er seitdem drogenfrei gelebt hat und auch anbietet, dies durch ein Drogenscreening zu belegen, kann die Behörde nicht einfach aufgrund der "Sünde" der Vergangenheit auf Ungeeignetheit schließen. Der Grund: Die - zum Zeitpunkt der Drogenfahrt zweifellos bestehende - Vermutung der Ungeeignetheit besteht nicht zeitlich unbegrenzt. Behauptet der Betroffene vielmehr, seit einem Jahr abstinent gewesen zu sein, muss die Führerscheinstelle dies zumindest mit eigenen Mitteln überprüfen. Unterlässt sie dies (wie hier), darf sie den Führerschein nicht entziehen. Ein lesenswertes Urteil.
Verfasser: Dr. Henning Karl Hartmann, Fachanwalt für Verkehrsrecht.
Die Kanzlei Dr. Hartmann & Partner betreibt Büros in Berlin, Bielefeld und Oranienburg (Tel. 03301 - 53 63 00).
Weitere Infos:
http://onlinerechtsberatung.de/entziehung-der-fahrerlaubnis-wegen-drogen-oft-unzulassig